Insomnische Störung: Definition und Prävalenz
Die insomnische Störung ist durch eine anhaltende Minderung der erlebten Schlafquantität oder ‑qualität und erlebte Einschränkungen am Tag definiert. Circa 5 Prozent der Allgemeinbevölkerung erfüllen die Diagnosekriterien einer insomnischen Störung. Die Prävalenz liegt bei Patient*innen mit weiteren Erkrankungen in verschiedenen medizinischen Behandlungssettings höher, oft um 30 Prozent.
Leitlinie
Das Behandlungsprogramm SLEEPexpert basiert auf der Kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT‑I), deren Wirksamkeit vielfach belegt wurde und die gemäss aktuellen Behandlungsleitlinien die Therapie der ersten Wahl ist (Riemann et al. 2023).
KVT‑I verbessert psychische Gesundheit
KVT‑I ist auch bei Patient*innen mit weiteren Erkrankungen effektiv und hat das Potenzial, neben Schlaf auch psychische Gesundheit insgesamt zu verbessern (Hertenstein et al., 2022).
Know-do gap
Die KVT‑I ist, wie bereits dargelegt, gemäss internationalen Leitlinien die Therapie der Wahl. Trotz dieser Empfehlung besteht weiterhin eine Lücke zwischen dem wissenschaftlichen Kenntnisstand und der unzureichenden Umsetzung im klinischen Alltag (Schneider et al., 2023).
Übermedikation
Im Rahmen von SLEEPexpert ist eine wiederholte Beurteilung und – wenn klinisch möglich – eine Reduktion von sedierender und schlafanstossender Medikation vorgesehen. SLEEPexpert soll hier zu einer Minderung der häufigen Übermedikation mit Schlafmitteln im klinischen Alltag beitragen.
Entwicklung des Behandlungsprogramms
SLEEPexpert wurde zusammen mit Patient*innen und Behandlungsteams entwickelt. Dabei wurde die KVT‑I an die Bedürfnisse von Patient*innen und Behandlungsteams im Klinikalltag angepasst. SLEEPexpert verfolgt das Ziel, Patient*innen darin zu bestärken, ihren Schlaf selbst zu verbessern, und das Behandlungsteam zu befähigen, dies im Klinikalltag systematisch zu unterstützen.
Zunächst wurden basierend auf den Grundlagen der Schlaf-Wach-Regulation und Wirkfaktoren der KVT‑I die beiden wesentlichen Behandlungselemente des Programms festgelegt: Bettzeitrestriktion (Schlafdruck) und Anpassung an die Tagesrhythmik (circadiane Rhythmik). Durch qualitativ-quantitative Analysen von Interviews mit Patient*innen, Psycholog*innen, Ärzt*innen und Pflegeteam wurde das Programm SLEEPexpert in einem iterativen Prozess entwickelt.
Der Name SLEEPexpert betont die Idee, dass Patient*innen sowie das Behandlungsteam selbst zu Schlafexpert*innen werden, Verantwortung übernehmen und zur Verbesserung der Schlafprobleme aktiv beitragen.
Eine Evaluation des Programms zeigt, dass eine Umsetzung im Klinikalltag für Patient*innen mit akuten psychischen Erkrankungen möglich ist (Schneider et al. 2020). Befragungen von Patient*innen und Behandlungsteams zeigen, dass eine nicht medikamentöse Behandlung von insomnischen Störungen häufig bevorzugt wird. Patient*innen konnten die verkürzten Bettzeiten oft einhalten, ihre Schlafdauer trotz der verkürzten Bettzeit im Mittel verlängern und berichteten von einer Reduktion des Schweregrads ihrer insomnischen Beschwerden. Die Evaluation zeigt, dass die Umsetzung von SLEEPexpert auch in komplexen medizinischen Settings möglich ist.
Aktuell laufen Implementierungen in verschiedenen Settings und ein Investigator Initiated Clinical Trial (IICT) mit Förderung durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) sowie eine Anpassung für Jugendliche mit Unterstützung durch die Gesundheitsförderung Schweiz.